Bundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker zu Gast bei sowjetischen Jugendlichen
Ein Gespräch des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker mit Jugendlichen aus der Sowjetunion, vom 28.07.1987
Ein Auszug des Artikels von Albrecht Müller, 09. August 2022, gefunden auf den Nachdenkseiten
Richard von Weizsäcker: Zunächst möchte ich Sie alle herzlich begrüßen – im eigenen Namen, aber – auch wenn ich schon lange nicht mehr zur Jugend gehöre – doch auch im Namen aller jungen Menschen aus der Bundesrepublik Deutschland. Es ist ein ungewöhnliches Ereignis, daß ich hier während meines Besuchs in der Sowjetunion eingeladen worden bin, mit Ihnen zu sprechen. Ich freue mich darüber ganz besonders, denn die Aufgabe, die vor uns liegt, ist ja, eine Zukunft zu bauen, die Ihr Leben bestimmen wird. Aus der Verantwortung vor der Geschichte, die wir nicht verdrängen, aus der geographischen Nähe, die uns im selben Kontinent zu Nachbarn gemacht hat, und in der Erkenntnis, daß die Aufgaben der Zukunft das, was uns trennt, in den gesellschaftlichen Systemen mehr und mehr in den Hintergrund bringen wird, und das, was wir nur noch gemeinsam zwischen Ost und West lösen können, stärker betonen wird, geht es mir bei meinem Besuch darum, die Beziehungen zwischen den Völkern der Sowjetunion und meinem eigenen Volk zu verbessern, auf eine langfristige Basis der Zusammenarbeit zu stellen; das in erster Linie im Interesse der jungen Generation hier und bei uns zu Hause. Und deswegen interessiert es mich auf dieser Reise ganz besonders, Ihre Vorstellungen von der Welt kennenzulernen, Ihre Wünsche, aber auch Ihre Fragen an Ihre Altersgenossen bei uns. Ich möchte mir erlauben, im Laufe des Gesprächs Ihnen ab und zu Fragen zu stellen, aber natürlich auch Ihnen zu antworten, wenn Sie Fragen haben. Vielleicht werden wir das Gespräch zunächst dadurch einleiten, daß jemand von Ihnen die eine oder andere Frage an mich stellen möchte, und ich werde mich dann schon revanchieren mit Gegenfragen. …
Das hier wiedergegebene Dokument stammt vom 28. Juli 1987. Der damalige Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hans-Jochen Vogel, hatte die Mitglieder der SPD-Fraktion auf die Niederschrift dieses Gesprächs aufmerksam gemacht. Das Dokument zeigt, wie anders und wie viel vernünftiger der damalige Umgang mit den Völkern der Sowjetunion war. Wir setzen damit die Serie interessanter früherer Dokumente fort.
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