Wirtschaftlicher Niedergang nur im Osten?

Deutschland ist im Niedergang. Verantwortlich dafür ist die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Ökonomen reden aber über die AfD und die negativen wirtschaftlichen Folgen ihres Erfolgs für Sachsen und Thüringen. Das ist angesichts der gesamtdeutschen Misere absonderlich.

Anriss eines Artikels von Gert Ewen Ungar

Vom Ausland aus betrachtet wirken die Diskussionen in Deutschland in ihren Verkürzungen bizarr und durchdrungen von geistiger Provinzialität. Verkürzt sind sie, da in Deutschland im veröffentlichten Diskurs auf herrschende Narrative und Ideologien Rücksicht genommen werden muss. Aus Rücksichtnahme auf politische Akteure dürfen Ursache und Wirkung nicht benannt werden, wenn sie den vermeintlichen Wahrheiten der herrschenden Erzählung zuwider laufen. Darin besteht ihre Provinzialität.

Man kann der deutschen Argumentation nur auf der Grundlage der Kenntnis der deutschen politischen Verhältnisse folgen. Kennt man sie nicht, wirkt sie verschroben und entrückt. Ein tatsächlich offener Diskurs, der sich angesichts der umfassenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme um klare Analyse und im Anschluss um gangbare Lösungswege bemüht, existiert in Deutschland derzeit nicht.

Jüngstes Beispiel für die Realitätsferne der deutschen Diskussion ist eine Einlassung des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Marcel Fratzscher zu den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Den beiden Bundesländern prognostiziert er angesichts des Erfolgs der AfD wirtschaftlichen Niedergang, die Abwanderung junger, gut ausgebildeter, kreativer Menschen sowie innovativer Unternehmen. Denjenigen Unternehmen, die bleiben, droht die Pleite. Den Grund dafür sieht Fratzscher vor allem in der Zuwanderungsskepsis der AfD.

Nun gehört AfD-Bashing zum guten Ton, wenn man im politischen Berlin dazugehören will, was auf Fratzscher sicherlich zutrifft. Das erklärt sein Duckmäusertum vor der herrschenden Erzählung. Dass der Präsident eines führenden deutschen Wirtschaftsinstituts derart wirres und unzusammenhängendes Zeug stammelt, sagt viel über den geistigen Zustand der Republik.

Ja, die deutsche Wirtschaft ist in schwierigem Fahrwasser. Davon sind auch Thüringen und Sachsen betroffen. Die wirtschaftspolitischen Probleme, die von der Bundesregierung verursacht wurden, können von den Bundesländern allein nicht gelöst werden, denn sie haben ihre Ursache in der Bundes- und nicht in der Landespolitik. Sie entfalten ihre Wirkung daher auch nicht selektiv in den Bundesländern, in denen zahlreiche Wähler ihr Kreuz bei der nach offizieller Lesart “falschen” Partei gemacht haben. Sie führen allgemein zum Niedergang des Standorts Deutschland.

Fratzscher glaubt, dass hochqualifizierte Zuwanderer aufgrund des Wahlergebnisses um Thüringen und Sachsen einen Bogen machen werden. Dabei ist schon seit Langem klar ersichtlich, dass hochqualifizierte Zuwanderer generell um Deutschland einen Bogen machen, denn die Bedingungen stimmen nicht. Es herrscht Wohnungsnot, die Lebenshaltungskosten sind im internationalen Vergleich hoch, technologisch ist Deutschland rückständig, die Infrastruktur bröckelt. Zudem bekommt Deutschland als Ganzes regelmäßig ein Rassismusproblem bescheinigt. Das darf man in Deutschland natürlich nicht sagen, denn es widerspricht dem offiziellen Selbstbild von der Liebe zur Vielfalt.

Fakt ist: Wer hochqualifiziert ist, geht nicht nach Deutschland. Falls doch, geht er schnell wieder weg. Es kommen schlicht die falschen, um durch Zuwanderung den viel beschworenen Fachkräftemangel zu beheben. Auch das darf man in Deutschland nicht sagen. Deswegen sagt es Fratzscher auch nicht.

Auch das von Fratzscher benannte Insolvenzproblem ist nicht auf Thüringen und Sachsen beschränkt. Nur einen Tag nachdem Fratzscher sein Statement veröffentlicht hat, kündigt VW Werksschließungen und massive Stellenstreichungen inklusive betriebsbedingter Kündigungen an. Zuvor haben bereits zahlreiche Zulieferer der Automobilindustrie Einschnitte angekündigt. Die ZF Friedrichshafen beispielsweise will 14.000 Stellen streichen. Aber auch in anderen Bereichen droht der Kahlschlag. So will die Bahn in den nächsten fünf Jahren 30.000 Stellen abbauen. Schuld daran sind weder die AfD noch das BSW, sondern die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Es wäre wissenschaftlich lauterer, würde Fratzscher das offen ansprechen. Er tut es natürlich ebenso wenig wie seine Kollegen. Man biedert sich an.

Schuld am wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands ist vor allem das Festhalten an den Russlandsanktionen und ein von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) verursachtes Chaos bei der Energiewende. Das Beharren auf der absurden Schuldenbremse kommt erschwerend hinzu. Die Energiepreise sind angesichts des Verzichts auf die günstige Lieferung von russischer Energie über Pipeline in die Höhe geschnellt. Gleichzeitig vollzieht Deutschland den Atom- und plant den Kohleausstieg. Wird das Angebot verknappt, steigt der Preis, so eine ökonomische Regel, die auch ein sich selbst maßlos überschätzender Minister Habeck nicht aushebeln kann. Jemand sollte ihm die Zusammenhänge erklären.

Anriss eines Artikels von Gert Ewen Ungar

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