Die grüne Kulturrevolution frisst ihre eigenen Kinder.

Boris Palmer scheiterte an seinen Verstößen gegen neuwoke Sprachnormen — der Hang zur Provokation liegt bei ihm in der Familie. Von Jürgen Fliege.

Die grüne Kulturrevolution frisst ihre eigenen Kinder. Boris Palmer ist aus seiner Partei ausgetreten, nimmt sich eine Auszeit und will eine Therapie machen. Da wären uns auch andere Politiker eingefallen, die dies nötig hätten und auf die wir gern für eine Weile verzichten könnten. Aber was war der Grund? War es Palmers Beteiligung an der Hetzjagd gegen Ungeimpfte? Nein, es geht — wieder mal — um einen Verstoß gegen sprachliche Correctness-Regeln, darum, wie Menschen dunkler Hautfarbe zu bezeichnen sind. Der Jäger wurde unversehens zum Gejagten, die Sprachwächter wollten sich das telegene Großwild nicht entgehen lassen und an ihm ein Exempel statuieren. Jürgen Fliege wählt für seine Auseinandersetzung mit dem Thema einen ungewöhnlichen, sehr persönlichen Ansatz. Er kannte schon Boris Palmers Vater und weiß, dass Unbeugsamkeit und eine provokante Art bei dem Tübinger Oberbürgermeister quasi in der Familie liegen. Aber auch die Fähigkeit zur Umkehr und Einkehr. Es geht nicht darum, zu behaupten, dass Boris Palmer keine Fehler gemacht hätte — das hat er —, sondern um etwas ganz anderes: Wenn jemand oben ist und austeilt, kann und darf man sich gegen ihn wehren; wenn er dagegen am Boden liegt, verlangt es der Anstand, nicht nachzutreten.

Das letzte Halali ist geblasen, und der Palmer blieb auf der Strecke. Mein Disclaimer könnte so lauten: Ich war einer der ersten Pfarrer im Land, die im Pfarrhaus und in der Kirche Kirchenasyl für Flüchtlinge aus aller Welt organisierten — dunkelhäutig oder nicht, das war nie die Frage. Wenigstens nicht für mich und meine Familie und mein Umfeld. Das Problem tauchte erst später einmal auf, als zu meinem Geburtstag eine ganze dunkelhäutige Delegation der Geflüchteten zur Gratulation kam, um ihren Dank abzustatten und ihre Verehrung. Und ein kleines Mädchen aus der Gemeinde lief durch den Garten und rief: „Versteckt euch, versteckt euch, die Neger kommen!“ Woher hatte es diese Furcht vor dem schwarzen Mann? Ist die älter als wir? Älter als unser Tun und unser konkretes Verhalten? Und wenn ja, wie kriegt man das weg? Und ist es das, was wir uns heute in unseren Seelen oder in unserem Unterbewussten anschauen müssen? — Ich bin dabei.

Und jetzt Disclaimer Nummer zwei, weil man ja nicht weiß, was einem alles um die Ohren gehauen wird, was nichts damit zu tun hat: Homosexuell begabte Menschen gehörten immer schon zu meinen besten Freunden, unter anderem habe ich sie als Taufpaten ausgesucht. Und jungen Gemeindegliedern, die in der nahen Kreisstadt ein anderes Geschlecht ausprobieren wollten oder mussten, stand ich schon in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts bei und versuchte es den Eltern zu erklären. Mit mehr kann ich jetzt spontan nicht dienen. Hört ihr mir überhaupt noch zu? Ich bin jetzt 76 Jahre alt. Zählt das Alter noch? Zählt noch, was ich erfahren habe?

Über viele Jahre habe ich als junger Student in Tübingen morgens auf dem Marktplatz vor dem Rathaus gestanden und wie in einem Oberseminar das gute Predigen studiert. Ich wollte, dass meine Worte wirken. Mein Lehrer war ein Obsthändler und seine Art, wie er mit den Leuten redete. Mein Lehrer war Helmut Palmer, der Vater von Boris Palmer. Er war nicht nur ein begnadeter „Prediger“, weswegen ich ja da stand und lernte und lernte. Statt Kirchensprache die Sprache des Volkes, statt intellektueller Distanz Volksnähe ohne Berührungsängste und auch, dass die Predigt beim Predigen entsteht und nicht im Studierzimmer! Der Palmer wusste das. Die Kirche weiß es bis heute nicht.

Und dann die Wirkmacht der Bilder und Symbole, wenn er wieder einmal irgendein Gemüse oder sonst was in die Hand nahm, um den Umstehenden etwas klarer zu machen! Also vielleicht ein grünes Blatt nehmen und erklären, wie schnell es braun werden kann, wenn es von seinen Wurzeln abgeschnitten leben will — all das wusste und lehrte er. Er war ein Genie. Ein Mann, ein Wort. Ein Verkäufer der anderen Art. Ein Missionar, ein Kämpfer eben, der gegen den immer noch fruchtbaren braunen Schoß in unserer Gesellschaft ankämpfte und sich ohne Rücksicht auf eigene Verluste und Familie — wie sein Sohn später auch — in die Bresche warf.

Ich habe ihn bewundert, wie er da und dort auf der Ladefläche seines Obstwagens stand und agitierte und die „Nazis“ da und dort und überall ausmachte. Ich habe ihn bewundert wegen seines Mutes, wie unerschrocken er immer und immer wieder lieber ins Gefängnis ging, als sich für etwas zu entschuldigen, bei dem er keine Schuld sah. Also immer dann, wenn sich wieder einmal ein kleiner oder großer Herr auf den politischen Schlips getreten fühlte und Palmer mal wieder mithilfe der oft willfährigen Obrigkeitsjustiz ins Gefängnis ging. Palmer, der Rebell aus dem Remstal, seligen Angedenkens, du warst Salz in den Wunden der Mächtigen und in der oft faden Suppe der Demokratie! Was hat das mit deinem Sohn gemacht?

Später wurde ich selbst einmal ein „Opfer“ seiner antifaschistischen Mission. Als landesweit bekannte Glotzgröße, vulgo TV-Pfarrer, war ich zu einem Gottesdienst nach Schorndorf ins Remstal eingeladen worden, dem Heimatort der Palmers. Und weil die Kirche zu klein war, fand die Veranstaltung in einer großen Sporthalle statt. Und da stand mein Helmut Palmer mit einem riesigen Transparent vor dem Eingang und warnte die Gläubigen davor, in meinen Gottesdienst zu gehen. Er prangerte die Pfaffen und das Fernsehgeschäft an und die unheilige Allianz von Staat und Kirche und nutzte die letzte Möglichkeit, an alle zu appellieren, nicht zum Fliege zu gehen. Mit mäßigem oder keinem Erfolg. Aber das war ihm immer schon egal. Last man standing! Das erkennt man in seinem Sohn bis heute. …

Den kompletten Artikel lesen Sie auf manova.news

Quelle: manova.news, Gekürzter Artikel von TV-Pfarrer Jürgen Fliege

KUNDENSTIMMEN

Die Beratung war kompetent, schnell und zuverlässig. Die Ideen des Kunden werden weiter entwickelt und auf langfristigen Nutzen geprüft.

Daniel Conrad

Kunde

Die Zusammenarbeit war wirklich super. Alles ging schnell, kompetent, kreativ und mit viel Know-how termingerecht über die Bühne

Martin Schneider

Kunde

Seit über 10 Jahren ein zuverlässiger Partner. Sowohl als unternehmerischer Berater als auch als Kommunikationsexperten.

Dirk Schmitz

Kunde